Expertentreff zeigt neuste Elektronik-Entwicklungen in Forschung und Praxis
Beim 3. Symposium Elektronik und Systemintegration trafen sich an der Hochschule Landshut virtuell rund 130 Experten/innen aus Wissenschaft und Industrie, um neueste technologische Entwicklungen in diesem gerade für die zukunftsrelevanten Themenfelder der Digitalisierung so wichtigen Bereich auszutauschen und zu diskutieren.
Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Artem Ivanov (Sprecher Forschungsschwerpunkt Elektronik und Systemintegration, Hochschule Landshut) betonte in seiner Begrüßung die breite Bandbreite der Themen. Anmeldungen aus acht Bundesländern sowie Teilnehmer/innen aus Österreich und der Schweiz belegen das große Interesse an der Veranstaltung. Hochschulpräsident Prof. Dr. Fritz Pörnbacher wies in seiner Begrüßungsrede daraufhin, dass gerade der Austausch zwischen Wissenschaftlern und Experten/innen der Wirtschaft von großer Bedeutung sei und wertvolle Impulse für künftige technologische Entwicklungen setzen könne. Organisiert wird das Symposium ESI vom Cluster Mikrosystemtechnik zusammen mit dem Forschungsschwerpunkt Elektronik und Systemintegration der Hochschule Landshut.
Elektronik in e-Textilien mit hohem Potenzial
Elektronik mit Textilien zu verbinden, finde in immer mehr Feldern Anwendung, wie Dr. Bernhard Brunner (Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC) in seinem Plenumsvortrag zum Thema „Elektronik in e-Textilien“ erläuterte. Den e-Textilien wird großes Wachstumspotenzial zugesprochen, lag das globale Marktvolumen im Jahr 2020 bei ca. 2,1 Mrd. US Dollar, liegt die geschätzte Steigerungsrate bei 18,5 Prozent bis 2027. Nicht nur die Sensorik biete viele Anwendungsbereiche, von der Haltungs-, Bewegungs- oder EKG-Sensorik, über die Schweißanalyse oder Druckmessfelder in Schuhen oder Sitzflächen, es könne auch wie bei der Elektro-Muskel-Stimulation (EMS) Strom in den Körper eingebracht werden. Dabei stellen sich hohe Anforderungen für elektrische Leiter in Textilien: sie müssen thermisch und chemisch beständig, dabei eine gute Leitfähigkeit aufweisen, waschbar, abriebfest, flexibel/dehnbar, hautverträglich und recyclingfähig sein. Das Fraunhofer ISC beschäftigt sich mit Silikonen als Sensor- und Aktormaterial. Es können elastische, isolierende und leitfähige Schichten per Siebdruck auch auf stark gekrümmten Bauteilen aufgebracht werden. Für die Aufbau- und Verbindungstechnik habe man bei Fraunhofer neue Lösungen entwickelt, unter anderem das NCA-Bonding (Nonconductive Adhesive Bonding) – ein Klebeverfahren, bei dem mit Druck und höheren Temperaturen das Verschmelzen und damit die elektrische und mechanische Verbindung in einem Prozess erfolgt.
In seinem Plenumsvortrag betonte Dr. Bernhard Brunner (Fraunhofer ISC) das Potenzial von Elektronik in E-Textilien.
Gedruckte und flexible Elektronik lautete auch das Thema einer eigenen Session. Darin stellte Johannes Jehn (Hochschule München) einen Inkjet-gedruckten resisitiven Feuchtesensor auf Basis von Wolframoxid vor. Anette Wimmer (Hochschule Hof) referierte über die Erzeugung von dreidimensionalen Baugruppen durch Hochdruckumformen und Hinterspritzen, Nesrine Naziri (TU Ilmenau) berichtete über flexible thermoelektrische Generatoren. Einen Vergleich von Methoden und Materialien, um elektrische Verbindungen von gedruckter Elektronik auf oft temperatursensiblen Substraten zu optimieren, bot der Vortrag von Prof. Dr. Artem Ivanov (Hochschule Landshut).
Praxisanwendung in der Leistungselektronik
Die hybride Umsetzung einer Stromversorgung mit digital konfigurierbarer Regelung für Embedded-Systeme, zeigte Markus Böhmisch (Elec-Con technology GmbH) im zweiten Plenumsvortrag. Dabei wird der Controller für den Wandler mit einem Mikrocontroller mit analogen Komponenten realisiert. Die Messdatenerfassung erfolgt direkt über Wandler, die vom übergeordneten digitalen System überwacht werden. Die hohe Sicherheit einer analogen Regelung, kombiniert mit einer digitalen Überwachung und Steuerung, biete viele Anwendungsfelder von der Industrie 4.0 über die Predictive Maintenance oder auch für Steigerung der Lebensdauer verschiedener Akkus. Den Einsatz eines hybriden Systems zeigte er am Beispiel eines Abwärtswandlers bzw. Tiefsetzstellers. Für die richtige Dimensionierung ist eine Abschätzung von Unter- oder Überschwingungen bei Lastsprüngen ebenso von Bedeutung wie die Frage, wie schnell das System reagiert (Durchtrittsfrequenz). Das aufwändige Frequenzkennlinienverfahren ermöglicht es, eine Regelung genau einstellen und Lastsprünge ausregeln zu können.
Mit dem Leiterplatten-Embedding von Leistungselektronik befasste sich Prof. Dr. Till Huesgen (Hochschule Kempten) in seinem Vortrag.
In der Session Leistungselektronik gab es wertvolle weitere Impulse. So gab beispielweise Prof. Dr. Till Huesgen (Hochschule Kempten) einen Überblick zum Stand der Technik und über aktuelle Herausforderungen beim Leiterplatten-Embedding von Leistungshalbleiterbauelementen. Dies biete Vorteile wie kürzere Strompfade und verbesserte Entwärmung, aber auch Herausforderungen wie Isolationsfestigkeit, feuchteinduzierte Kupfer-Korrosion oder Brüche, da die eingesetzten Komponenten an den Materialausdehnungskoeffizienten von Kupfer angepasst sein müssten. Ein Galliumnitrid (GaN)-Leistungsmodul auf Basis einer 3-Level-Flying-Capacitor Topologie, um die Bordnetzspannung zu stabilisieren und das gewünschte Spannungsniveau bei Hybrid- und Brennstoffzellenfahrzeugen einzustellen, zeigte Janusz Wituski (Hochschule Landshut).
Entwicklungen rund um vernetzte Systeme, Aufbau- und Verbindungstechnik und Sensorik
Einen Schwerpunkt mit großer Themenvielfalt boten zwei weitere Sessions zu vernetzten Systemen. So zeigte Ralf Eckhardt (Texas Instruments Deutschland GmbH) das Potenzial von Zweidraht-Ethernet-Anwendungen für den Automobil- und Industrie-Sektor. Wie Antennen und HF-Schaltungen effizient für industrielle Anwendungen auf
Leiterplatten designet werden können, erläuterte Dirk Linnenbrügger (FlowCAD EDA-Software Vertriebs GmbH). Eine Plattform für den Peer-to-Peer-Energiehandel über Blockchain stellte Alexander Krutwig (Mixed Mode GmbH) vor. Neue Anwendungsgebiete und eine verbesserte Integrationsfähigkeit der LTCC-Keramik verspricht das reaktive Löten mit selektivem Wärmeeintrag im Bondinterface mit einer zündfähigen Schicht als interne Wärmequelle. Diese für temperaturempfindliche Bauelemente geeignete Löt-Methode beleuchtete Thomas Herbst (VIA Electronic GmbH). Zuverlässigkeit von SAC+ Loten unter thermomechanischem Stress wurde von Maximilian Schmid (TH Ingolstadt) diskutiert, Nihesh Mohan (TH Ingolstadt) stellte einige Varianten der kupferbasierten Sinterpasten für die Anwendung in Leistungs- und gedruckter Elektronik vor.
Reaktives Löten für LTCC-Keramik präsentierte Thomas Herbst (VIA Electronic GmbH).
Mit der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit von Sensoren und der Speicherung von Daten bei der Umfelderkennung im Bereich des autonomen Fahrens beschäftigte sich ein Vortrag von Prof. Dr. Gordon Elger (Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme – IVI). Vorträge im Themenfeld Sensorik befassten sich u.a. mit der Bestimmung der thermischen Parameter Wärmeleitfähigkeit und -kapazität einer Lithium-Ionen Pouchzelle (Felix Gackstätter, Hochschule Landshut) und dem nano-3D-Druck zur Sensorentwicklung (Prof. Dr. Matthias E. Rebhan, Hochschule München).
Weitere Informationen zum Symposium bietet der Tagungsband mit 15 wissenschaftlich ausgearbeiteten Beiträgen. Einzelne Beiträge können per E-Mail (itz@haw-landshut.de) angefordert werden, der gesamte Tagungsband wird im Oktober per Open Access OPUS-Datenbank über die Deutsche Nationalbibliothek veröffentlicht. Weitere Informationen zum Symposium – und auch das Inhaltsverzeichnis des Tagungsbandes bietet die Veranstaltungshomepage unter www.symosium-esi.de.