Nachlese IMAPS Frühjahrskonferenz 2023 in Ilmenau
Am 23. März 2023 fand die IMAPS-Frühjahrskonferenz in den Räumen der Technische Universität Ilmenau statt. Mit dem Thema der Konferenz „Ist Elektronik für die Nachhaltigkeit auch wirklich nachhaltig?“ haben die Veranstalter einen immer wichtiger werdenden Punkt getroffen.
Mit knapp 60 Teilnehmenden, 12 Vorträgen und diversen Ausstellern vor Ort wurde intensiv über das Thema diskutiert. Die Vorträge wurden in 3 Programmblöcke geteilt, sodass in den umfangreichen Kaffeepausen die Möglichkeiten bestand mit den Ausstellern in Gespräch zu kommen. Zu den Austellern zählten dieses Mal UniTemp GmbH, Indium Corporation, Hilpert Electronics AG, Microtronic M. V. GmbH und eCeramix GmbH.
Zu Beginn der Veranstaltung eröffnete Martin Schneider-Ramelow, 1. Vorsitzender, die Veranstaltung und begrüßte mit großer Freude die Besucherin und Besucher. Jens Müller von der TU Ilmenau begrüßte ebenfalls das Auditorium und erzählte einige Worte über die Technische Universität und die teilweise sehr alte, aber gut erhaltene Architektur der Gebäude.
Im ersten Programmblock hielt Martin Ziegler von der TU Ilmenau seinen Vortrag mit dem Thema „Bio-Inspired Information Pathways“, worin die Nachteile einer künstlichen Intelligenz im Bezug auf den zukünftigen CO2-„Fußabdruck“beleuchtet und mögliche Auswege vorgestellt wurden. Gemeinsam mit seinem Team arbeitet Ziegler daran, eine Neuromorphe IT zu konstruieren, also ein Informationsaustausch von Sensoren mit Merkmalsextraktion und einem Neuronalem Netzwerk aus Logik und Speichern.
Der zweite Vortrag wurde von Karsten Schischke vom Fraunhofer IZM gehalten. Das Thema lautete „Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Wo sind die Hotspots in der Lieferkette der Elektronikbranche und welche Handlungsmöglichkeiten bestehen?“. Er berichtete zunächst vom Arbeitskreis „Rechtskonformes Umweltmanagement in der Elektronikindustrie“, den darin bearbeitenden Themen und über das nächste Treffen inklusive einer Einladung zur Mitgliedschaft. Unter seinem Slogan „Grüner geht‘s immer“ berichtete er vom ersten Umdenken in den Elektronikbranchen hinsichtlich der erwarteten Klimakrise. Einige, gerade große Unternehmen arbeiten stark daran, schnellstmöglich klimaneutral zu sein. Erforderliche Maßnahmen für ein schnelles und sinnvolles Handeln in der Krise sind nur sehr bedingt verfügbar. Eine transparente Datengrundlagen ist quasi nicht vorhanden. Außerdem müssen zwingend die Lebenszyklen der Elektronik betrachtet werden. Aus seiner Sicht liegen der CO2-Hot-Spot zunächst in der Halbleiterfertigung und folgend in der Leiterplattenfertigung. Hier müssen vorrangig Maßnahmen zur Erreichung der ambitionierten Klimaziele getroffen werden.
Im Anschluss hielt Manuel Thesen von der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland einen Vortrag mit dem Titel „Kompetenzzentrum für eine ressourcenbewusste Informations- und Kommunikationstechnik – Green ICT @ FMD“. Nach einer kurzen Vorstellung der Fraunhofer Gesellschaft und deren Verbünde stellte Manuel Thesen die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) vor. In dem Projekt „Green ICT@FMD“ entsteht ein Kompetenzzentrum für eine ressourcenbewusste Informations- und Kommunikationstechnik, das mit Forschung und Entwicklung dazu beitragen will, den CO2-Fußabdruck digitaler Technologien zu verringern.
Der letzte Vortrag im ersten Abschnitt beschäftigt sich mit „Nachhaltigkeit im Bereich der Elektronik- und Halbleiterfertigung am Beispiel der CO2-Reduktion“. Wolfgang Nüchter von der Robert Bosch GmbH berichtet, dass die Firma bereits seit 2020 weltweit klimaneutral ist.
Nach einer Kaffeepause hielt Andreas Karch von der Indium Corporation seinen Vortrag mit dem Titel „Energie Effizienz beim Reflowlöten durch neue Verbund-Lot-Werkstoffe“. Er erläuterte im Anaschluss an eine kurze Firmenvorstellung am Beispiel eines Smartphones die Problematik des CO2-Fußabdrucks und schloss daraus, dass man alle zwei Stunden 1kg CO2 einsparen könnte, wenn man die Reflow-Peaktemperatur von 240°C auf 205°C reduzieren könnte. Wichtig ist allerdings auch, dass nachhaltige Materialien in der gesamten Prozesskette eingesetzt werden. Aus diesem Grund hat sich Indium mit einer DurafuseTM Pasten-Technologie beschäftigt. Eine spezielle Pastenmischung sorgt dafür, dass während des Reflowlötens mehr Zinn in die flüssige Phase geht, um die Verbindungsschmelztemperatur zu erhöhen und die niedrige Schmelzspitze zu eliminieren, die typischerweise bei In/Sn-Loten auftreten. Nachfolgende Qualitätsuntersuchungen sehen vielversprechend aus.
„Klimaneutrale und ausbeuteoptimierte Leiterplatten für Prototypen und Kleinserien“ war das Thema von Patrick Franken von der AISLER B.V. Sein Konzept zur Nachhaltigkeit in der Elektronik ist das bessere Ausnutzen von Leiterplatten-Nutzen. Bisher wurden Nutzen so designt, dass nur 60-80 % der Fläche genutzt wird. AISLER hat einen Weg gefunden, die Auslastung auf einem Nutzen auf größer 96 % zu bringen. Somit entsteht deutlich weniger Müll.
Die Firma Heraeus Deutschland GmbH & Co. KG erläuterte im Vortrag „Kombinierter Ansatz zur Entwicklung von Lotlegierungen und Flussmitteln für kosteneffiziente, hochzuverlässige Lötverbindungen in der Automobilelektronik“ das Verhalten von drei unterschiedlichen Lotlegierungen mit verringertem Silber-Gehalt im Vergleich zur Referenzpaste Innolot. Außerdem werden Kolophoniumharzen, die typischerweise in No-Clean-Lotpasten zur Anwendung kommen mit vollsynthetischen Harzen auf Acrylbasis verglichen.
Marco Dörr von den Solderpunks e.V. hielt einen Vortrag mit dem Titel „Vom Erz bis zum Schrott – ein Blick hinter die Kulissen der Elektronikindustrie“. Es wurde in Videos gezeigt, wie es auf Schrottplätzen zugeht und wie viel Elektronikschrott tatsächlich produziert wird. Marco Dörr machte darauf aufmerksam, wie die verschiedenen Rohstoffe gefördert werden und unter welchen Bedingungen teilweise im Bergbau gearbeitet wird. Sein Ansatz besteht darin, zunächst ein Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen, damit sich grundsätzlich etwas ändern kann. Er berichtete von ersten guten Ansätzen und nannte die Projekte „Faitrade Gold“, Rephone und Fairphone.
Die anschließende Mittagspause wurde genutzt, um sich zu stärken, zu netzwerken und um frische Luft zu schnappen. Die Vortragenden beantworteten während des Essens viele Fragen der Besucher und Besucherinnen, denn der Diskussionsbedarf war größer als die eingeplante Zeit für Fragen direkt nach den Vorträgen.
Karsten Schischke vom Fraunhofer IZM sprangt spontan für seine erkrankte Kollegin ein und hielt ihren Vortrag zum Thema „Kreislaufwirtschaft in der Elektronikindustrie – Verwendung von recycelten Kunststoffen in neuen Elektro- und Elektronikgeräten“. Der Ansatz des Vortrags lautete: Vom linearen denken…zum zirkulären Denken. Was muss in der Produktentwicklung passieren, damit man Recyclen kann, wie gewinnt man die eingesetzten Materialien wieder zurück und wie müssen Produkte designt sein, damit man einfach recyclen kann? Es werden verschiedene Projekte vorgestellt, in denen Kunststoffe recycelt wurden. Eigenschaften wie Gleichmäßigkeit von Farben, mechanische Eigenschaften und Stabilität, Geruch usw. wurden erfolgreich gelöst. Eine Herausforderung stellt bisher der Kontakt mit Lebensmittel, die Nutzung für Medizingeräte oder Spielzeuge dar.
Boudewijn Venema von der Firma duotec GmbH zeigte in seinem Vortrag „Klare Sicht für die Energiewende – Das Potential innovativer Quantensensorik für die Digitalisierung von Niederspannungsverteilnetzen“ auf, wie die Entwicklung und die Auswirkungen der Energiewende aussehen. Er erläuterte, wie die Energieverteilung in den 70’er Jahren geplant wurde und wie sich die Nutzung der Energie heutzutage verändert hat. Mit Hilfe von NV-Zentren in Diamant (ein Thema aus der Quantensensorik) kann gezeigt werden, wie man den Energiefluss sichtbar macht und wofür man dieses Verfahren nutzen kann.
Klaus Hofmann von der TU Darmstadt zeigte in seinem Vortrag „Ultraschallsensorsystem für die hochgenaue Analyse binärer Mischgase“ die Theorie der Reinheitsanalyse mittels Ultraschall. Nach der Vorstellung der verschiedenen Messverfahren stellte er seine Ergebnisse vor und schloss den Vortrag mit einem Vergleich seines Projektes mit dem Stand der Technik.
Den letzten Vortag des Tages mit dem Titel „Nachhaltige HPC und KI Rechenzentren mit Abwärmenutzung“ hielt Jens Struckmeier von der Cloud&Heat Technologies GmbH. Im Konsens mit der vorgestellten Firmen-Vision, wurde ein Konzept vorgestellt, das ausschließlich erneuerbare Energien für den Betrieb der Firmen-Server nutzt. Er stellte verschiedene Server und deren neue Kühlsysteme vor und zeigte im gleichen Zug, wie hoch die Kostenersparnis ist.
Um kurz vor 16 Uhr verabschiedete Martin Schneider-Ramelow die Teilnehmenden und Vortragenden und bedankte sich für neue Ansätze, tolle Anregungen und Ideen, um die Elektronikindustrie nachhaltig zu gestalten und vor allem für die regen Diskussionen und Fragen aus dem Auditorium.
An dem gemütlichen Abendessen am Vorabend nahmen fast 45 Konferenzteilnehmende sowie zwei Ehrenmitglieder teil. Die Freude war groß, dass die Herren das Treffen wahrnehmen konnten.
Vielen Dank an Jens Müller für die Organisation dieser gelungenen Konferenz an der TU Ilmenau!
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