IMAPS Herbstkonferenz München
Der „Rote Würfel“ der Hochschule München ist seit vielen Jahren der Veranstaltungsort der IMAPS-Herbstkonferenz. Am 19. und 20. Oktober war es wieder soweit, über 90 Teilnehmer, 20 Vortragende und 11 Aussteller kamen zum Hauptevent des. Jahres zusammen. Traditionell wird in diesem Zusammenhang auch die jährliche Mitgliederversammlung des IMAPS Deutschland e.V. abgehalten. Das Konferenzprogramm war so gestaltet, dass jeweils thematisch ähnlich gelagerte Vorträge zu Blöcken zusammengefasst waren.
Nach der Eröffnung und Begrüßung der Teilnehmer durch den 1. Vorsitzenden Prof. Martin Schneider-Ramelow gab es drei Vorträge zum Thema Sintern. Benjamin Schellscheidt von der Hochschule Düsseldorf stellte „Untersuchungen zu einem zweistufigen Sinterprozess“ vor, mit dem ein höherer Prozessdurchsatz realisiert werden kann. So kann die Pressdauer in der Sinterpresse reduziert werden, gefolgt vom zweiten Sinterschritt bei 300 °C in Stickstoff. Knud Gripp von der Fachhochschule Kiel referierte über die „Untersuchung des Einsatzes von induktiver Erwärmung beim Sintern von Halbleiterbauelementen“. Motivation der Arbeiten ist Verringerung der thermomechanischen Spannungen in der Sinterschicht, die durch Art der Erwärmung beeinflusst wird. Es wurde gezeigt, dass sich die Deformation der Kupfersubstratunterseite im Testaufbau deutlich reduzieren ließen, u.a. da die Sinterpaste kalt verdichtet werden kann und anschließend erwärmt und versintert wird. Das Verfahren bietet neue Möglichkeiten in der Sinterprozessführung aufgrund der thermischen Performance. Mit der „Particle formation and trace morphology of Cu complex inks using different sintering techniques“ beschäftigte sich Nihesh Mohan von der Technischen Hochschule Ingolstadt. Es wurde unter anderem gezeigt, dass die Kupferpartikel beim Lasersintern im Vergleich zum konventionellen Ofensintern zu feineren Strukturen versintert werden. Beim Lasersintern werden die in-situ erzeugten Partikel nur für eine sehr kurze Zeit erhitzt, wodurch das Zusammenwachsen der Partikel zu größeren Aggregaten verhindert wird.
Anschließend bekamen die Aussteller die Möglichkeit, sich kurz im Auditorium vorzustellen und Interesse für einen Besuch in den Kaffee- und Ausstellungspausen an den Table Tops zu wecken. Davon wird, auch durch die guten räumlichen Bedingungen direkt vor dem Hörsaal, rege Gebrauch gemacht.
Der nächste Block fasste vier Vorträge zum Themenfeld LTCC zusammen. Martin Ihle trug über „Maskenlose, digitale Druckverfahren für LTCC- Mikroschaltungen“ vor. Im Rahmen des Projekts MuSKeL – Miniaturisierte digital-gedruckte Strukturen in LTCC-Keramik arbeiteten Fraunhofer IKTS, Hahn Schickard, und Technische Universität Danzig an inkjetbasierten Strukturierungsverfahren, die ohne Siebe oder Schablone auskommen. Peter Uhlig vom IMST und Richard Schmidt, IKTS, teilten sich die Vorstellung der Ergebnisse im Rahmen eines Projektes „HEROES“ auf, in dem es um „Keramische Mehrlagenschaltungen für die Hochspannungssensorik“ geht. Es wurde für eine Hochvoltanwendung eine Alternative zu Al2O3-Keramik benötigt, die zur Gewährleistung der Spannungsfestigkeit vergossen werden muss. Als LTCC-Multilayer mit Widerstandsschichten in den Innenlagen konnte das Element mit besserer Performance erzeugt werden. Simulationen mit hochauflösenden PI-Pasten versprechen eine weitere Verbesserung. Um funktionale Integration im Sinne von Wärmemanagement ging es im Vortrag „Heat management and recovery system for electronics using micro-thermoelectric generators“ von Nesrine Jaziri, TU Ilmenau. Ebenfalls um Funktionalisierung keramischer Schaltungen ging es im Beitrag von Qaisar Muhammad von der VIA electronic, der sich mit „Screen-printed varistors for thick film and LTCC microcircuits“ beschäftigte. Partner für die Funktionspasten, im konkreten Falle spezieller Widerstandspasten mit Varistoreigenschaften, ist hier ebenfalls das IKTS.
Der erste Nachmittagsblock stand unter dem Thema Zuverlässigkeit. „Lebensdauermodellierung der Oberseitenkontaktierungen von SiC- Leistungshalbleitern“ lautete der Vortrag von Rasched Sankari, Robert Bosch GmbH, der sich mit dem Power Cycling an SiC-Dioden und MOSFET beschäftigt. Es wurde der Abgleich gemessener Werte im Belastungsfall zu modellierten Zusammenhängen betrachtet. „Laser stimulated transient thermal analysis: A novel measurement technique for semiconductor reliability characterization“ lautete der Titel des Beitrags von Hannes Schwan, Technische Hochschule Ingolstadt. Mit der Methode können thermische Interfaces von gefügten Halbleitern bewertet werden. Artem Ivanov, University of Applied Sciences Landshut, schloss den Block mit der Vorstellung seiner Arbeit zur „Schnellen Visualisierung vom Vibrationsverhalten elektronischer Baugruppen“ ab, die beispielhaft die Schwingungen bei verschiedene Fixierungen einer Platine aufzeigte.
Zu Beginn des Blocks Test und Qualifikation stellte Corinna Niegisch, Robert Bosch GmbH „In-situ Untersuchungen des Vernetzungsvorgangs von Epoxidharzen zur Detektion von Schwankungen in Verkapselungsprozessen elektronischer Bauteile“ vor. Während übliche Messmethoden für den Vernetzungsgrad von Moldingmaterialien zu Beginn und am Ende der Vernetzung oft nicht genau genug sind, wurden FT-IR-Spektren erfolgreich als eine Methode zum Nachweis chemischer Veränderungen herangezogen. Im Beitrag von Simon Kuttler, TU Berlin, zeigte er Ergebnisse seiner Arbeiten zur „Analyse des Schertests von Aluminium- Dickdrahtbonds“. Die Simulation von Schertests an den Bondstellen dient zur Beurteilung der Verbindungsqualität mit neuartigen Dickdrähten auf Aluminiumbasis. Unter anderem konnte das Ver- und Entfestigungsverhalten verschiedener Drahtsorten beim Schertest sichtbar gemacht werden. Einen Überblick über die Möglichkeiten der „Computertomografie in der AVT“ gab Steffen Wiljes, vom Fraunhofer ISIT im Abschlussvortrag des ersten Konferenztages.
An dieser Stelle möchten wir allen Vortragenden danken, dass sie mit ihren Fachbeiträgen zum Gelingen solcher Konferenzen beitragen!
Eine wichtige Funktion von Konferenzen ist durchaus das Networking. Deshalb ist es Tradition und wichtiges Element für fachlichen als auch netzwerkbildenden Austausch unter Fachkollegen, dass wir uns zu einem gemeinsamen Abend treffen. Der findet in den letzten Jahren–bis auf wenige Ausnahmen- im Augustiner statt und bietet gute Gelegenheiten miteinander ins Gespräch zu kommen. Hier danken wir den Sponsoren für die finanzielle Unterstützung des Abends.
Am zweiten Konferenztag starteten wir mit Vorträgen zu Materialien und Prozessen, wo zu Beginn Adrian Bangerter von der MicroContact AG zu „Fine Pitch Kontaktierung“ referierte. Insbesondere ging er darauf ein, welchen Herausforderungen Testsysteme bei der Kontaktierung immer stärker miniaturisierter, teilweise flexibler, Baugruppen unter Toleranzgesichtspunkten ausgesetzt sind. „Ultraschall Flip Chip Bonden mit Aluminium Pillars zur elektrischen Kontaktierung ohne Under Bump Metallization“ hatte Silvia Braun vom Fraunhofer ENAS ihren Vortrag überschrieben. Sie ging auf Tests und Untersuchungen zu flip-chip auf Arrays aus möglichst gleichmäßig hohen Bumps ein, die hohe Zuverlässigkeiten und Scherkräfte erreichen. Daniel Lieske, AEMtec GmbH, trug etwas zum „Wafer level solder bumping“ vor und ging auf übliche Anforderungen, verschiedene Verfahren zur Aufbringung der Bumps sowie praktische Ergebnisse ein. Miniaturisierungsgetrieben kommen z.B. Balls von 50µm zum Einsatz, was prozess- und materialseitig Herausforderungen mit sich bringt. Auch in die Richtung Miniaturisierung gehen Entwicklungen bei der Koenen GmbH, deren Christian Ossmann über „Innovation im Advanced Packaging durch 3D-Schablonendruck“ informierte. Sowohl sehr kleine Depots als auch der Mix kleiner und größerer zwingen zu besonderen Vorgehensweisen bei der Aufbringung der Pasten. Zudem spielen Toleranzen bei sehr kleinen Abmessungen eine immer stärkere Rolle.
Nach der letzten Ausstellungs- und Kaffeepause gab es die Abschluss-Session Zuverlässigkeit, die Markus Käß von der BMW AG begann. Sein Vortrag „Simulationsbasierte Zuverlässigkeitsbewertung von elektronischen Bauteilen auf Leiterplatten“ spannte den Bogen von DoE-Versuchen über die Ableitung von regressions- und physikalisch basierten Bauteil und der Modellierung bis zur simulationsbasierten und Lebensdauervorhersage von Bauteilen und Baugruppen. Die „Numerische Bewertung des thermischen Widerstands als Zuverlässigkeitsindikator für die Lötstellendegradation von diskreten SiC-MOSFETs“ war das Thema des Beitrags von Borja Kilian, TU Berlin. Auch hier war die thermische Anbindung von Leistungsbauteilen im Fokus, die unter dem Einfluss von Wechselbelastungen geschwächt wird und zum Ausfall führen kann. Den letzten Vortrag stellte Jens Schneider, ebenfalls von der TU Berlin, unter den Titel „Customized Design Libraries for Transmissions Line Structures“. Hier fühlten sich Interessenten von Hochfrequenzschaltungen angesprochen, die die Herausforderungen von impedanzkontrolliertem Design kennen. Die Autoren beschäftigen sich mit der Modellierung von HF-Strukturen beim PCB-Entwurf.
In seinen Schlussworten ging der 1.Vorsitzende Martin Schneider-Ramelow sowohl auf die gelungene Konferenz als auch auf ein paar Details aus der Mitgliederversammlung ein, informierte über die nächsten Veranstaltungen und Aktivitäten von IMAPS und dankte allen fürs Erscheinen.
IMAPS-Mitgliederversammlung 2023
Nach den Fachbeiträgen des 19.Oktober 2023 blieben des Mitglieder der IMAPS Deutschland e.V. zur jährlichen Mitgliederversammlung zusammen. Satzungsgemäß wird über das vergangene Jahr berichtet, sowohl bezüglich der Aktivitäten durch den 1.Vorsitzenden als auch zur wirtschaftlichen Situation des Vereins durch den Schatzmeister Ernst Eggelaar. Beide warben auch dafür, neue Fachkollegen für den Vereinsgedanken zu interessieren. Alle Mitglieder sind angesprochen, ihre positiven Erfahrungen mit IMAPS zu verbreiten und neue Mitstreiter zu interessieren.
Nach diesen Berichten wurde der Vorstand für das vorangegangene Jahr entlastet. In 2023 waren die Vorstandspositionen 1.Vorsitzender und Schriftführer neu zu wählen. In beiden Fällen wurden die Amtsinhaber Martin Schneider-Ramelow und Dirk Schade erneut für die nächsten 2 Jahre gewählt.
Danach gab es einen Ausblick auf anstehende Vereinsaktivitäten und Fachkonferenzen im kommenden Jahr. Die wichtigsten finden Sie immer hier in unserem Veranstaltungskalender. An dieser Stelle möchten wir bereits auf das Frühjahrsseminar hinweisen, das aktuell für den 20.2.2024 an der Hochschule Ingolstadt geplant wird und mit dem Slogan „Elektronik für das Auto von morgen“ den Themenfokus Automobilelektronik bekommt. Sobald es mehr Detailinformationen und das Programm dazu gibt, lesen Sie es in einer der nächsten Ausgaben bzw. auf unserer Website.