EMPC 2021 Nachlese
Die diesjährige 23. European Microelectronics Packaging Conference & Exhibition (EMPC 2021) lief vom 13. bis 16. September im Online-Modus. Sie wurde von IMAPS Nordic organisiert und sollte ursprünglich in Gothenburg, Schweden stattfinden. Mit großem Bedauern musste sich das Organisationskomitee im März 2021 für die Online-Konferenzform entscheiden, angesichts der damals fortschreitenden dritten Pandemiewelle in Europa und des Auftretens der Virusvarianten. Obwohl die Corona-bedingten Restriktionen zum September 2021 etwas entschärft wurden, sehen sich die Organisatoren in ihrer Entscheidung, komplett auf die Online-Plattform zu gehen, bestätigt. Die bis zum Konferenzbeginn verbliebene Zeit wurde in die Vorbereitung des reibungslosen Ablaufs der Konferenz investiert, und die Bemühungen ließen sich sehen.
Für die Konferenz haben sich 170 Teilnehmer/innen aus 22 Ländern und vier Kontinenten registriert, das geschaffene Netzwerk umspannte 21 Zeitzonen von Neuseeland bis Kalifornien. Drei Sponsoren – Business Finland, AEMtec GmbH und PacTech GmbH – sowie sechs Aussteller – AMADYNE GmbH, SHT Smart High Tech AB, NAMICS EUROPE GMBH, MASER Engineering B.V. und Inseto – haben die Veranstaltung unterstützt.
Das Programm umfasste vier Tage und fing am Montag, dem 13. September mit zwei Short Courses an: Professor Gabor Harsanyi von der Budapest University of Technology and Economics referierte zu MEMS-basierten Sensoren und Aktuatoren. Im Kurs wurden die eingesetzten Herstellungstechnologien und die typischen erzeugten Strukturkomponenten und Topologien von MEMS beschrieben. Außerdem wurden einige Beispiele von MEMS Sensoren und Aktoren vorgestellt sowie ihre Anwendungsbeispiele. Der zweite Kurs, gegeben von Tanja Braun und Michael Töpper vom Fraunhofer IZM, befasste sich mit den neuen Halbleiter-Trends und deren Folgen für das IC-Packaging. Die TRAINER stellten die Bereiche dar, in denen die Erhöhung der Leistungsanforderungen besonders stark vorangeht, wie z.B. Sensor-Integrated Systems oder Bio-Integrated Devices, und beschrieben den Trend zum Verschieben der Datenverarbeitung aus der Cloud in die Edge-Geräte und noch tiefer in die Sensoren. Die daraus resultierenden Lösungen auf dem Chip- und Panel-Level wurden diskutiert.
An den drei folgenden Tagen wurden insgesamt 71 Vorträge in 16 technischen Sessions präsentiert, eingeführt täglich mit Keynotes, die sich mit einem breiten Spektrum an Themen befassten. Eine Spezial-Session wurde dem fünfzigjährigen Jubiläum von IMAPS Nordic gewidmet. Nach einer guten Tradition wurde die deutsche Community mit 26 Vorträgen wieder am stärksten vertreten; eine hohe Zahl an Präsentationen kam aus China (9), Italien (7) und Norwegen (6).
Die Konferenz lief auf einer auf Zoom basierenden digitalen Plattform. Die Unterbringung der parallelen Sessions in unterschiedlichen Zoom-Räumen und das strikt eingehaltene Timing haben einen problemlosen Wechsel zwischen den Vorträgen in unterschiedlichen Sessions erlaubt. Außerdem wurden alle Präsentationen aufgezeichnet und waren auf der Konferenzplattform noch bis Anfang Oktober abrufbar. Auch die virtuellen Messeständer der Aussteller waren über die gleiche Plattform erreichbar. Mithilfe der Chat- bzw. Videokonferenzfunktionalität konnten die Besucher mit den Firmen ins Gespräch kommen.
Der amtierende IMAPS Nordic Präsident Daniel Nilsen Wright bei der Eröffnungspräsentation
Die erste Keynote von Mikko Nikulainen, dem Leiter vom Technical Reliability and Quality Division der ESA (European Space Agency), wurde dem Einsatz von kommerziellen Elektronikkomponenten (Commercial off the Shelf components, COTS) in der Luft- und Raumfahrt gewidmet. Genauso wie die anderen Branchen leidet die Raumfahrt unter Mangel von Halbleiterkomponenten. Dabei werden für etwa 20% aller von ESA eingesetzten elektrischen, elektronischen und elektromechanischen Komponenten (EEE) die COTS verwendet. Eine große Herausforderung dabei ist das mit dieser Lösung verbundene Risiko, weil die COTS nicht nach Military- oder Space-Standards entwickelt und hergestellt werden. Dementsprechend beschäftigt sich die Reliability and Quality Abteilung der ESA mit dem Charakterisieren und Testen von kommerziellen Komponenten. Im Vortrag wurden einige Herausforderungen herausgestellt, die mit dem COTS Einsatz hereingehen: zum einen sind das die schwierigen Umgebungsbedingungen in der Raumfahrt – hoher Strahlungshintergrund, Vibrationen, Outgasing und Wärmemanagement. Zum anderen geht es auch um die relativ kurze Produkt-Lifetime, begrenzte Traceability und Produktfälschungen bei den kommerziellen Komponenten. Auch der Einsatz von bleifreien Lotlegierungen bringt Probleme mit sich.
Im Keynote-Vortrag von Claude Clément „Active Implantable Medical Devices: a challenging technological field“ wurden sowohl die technologischen Herausforderungen dargestellt, die überwunden werden müssen, wie z.B. die Biokompatibilität und die langjährige Biostabilität vom Gehäuse, die erhöhten Zuverlässigkeitsanforderungen und der Miniaturisierungsdruck, als auch wurde das bei der Entwicklung und Herstellung von Medizinprodukten geltende Umfeld dargestellt. Die komplizierten und langwierigen Entwicklungszyklen führen zu dem typischen Zeithorizont von 11 Jahren bis zur Einführung eines Gerätes auf dem Markt und etwa 15 Jahren bis das angelaufene Geschäft Profite zu bringen beginnt.
Ivonne Herrera informierte die Konferenzteilnehmer in Ihrem Keynote-Vortrag „Horizon Europe – possibilities for the European Microelectronics and Packaging industry“ über das neue europäische Förderprogramm und insbesondere über dessen „Cluster 4: Digital, Industry and Space“, die mit 15,5 bn€ dotiert ist. Sie gab auch praktische Hinweise zu den Informationsquellen, der Bildung von Konsortien und zu Einreichungsfristen.
Ivonne Herrera stellt das neue Europäische Förderprogramm Horizon Europe vor.
Die Keynote IV „Electronics Industry Growth Markets: Package Choices, Challenges, and Trends“ von Jan Vardaman, TechSearch International wurde vor allem den aktuellen Verbindungstechnologien gewidmet, die von Großherstellern für SiPs (System-in-Package) in der Serienproduktion eingesetzt werden und die sich noch in der Qualifikationsphase befinden. Die gezeigten Beispielimplementierungen von Gehäuseformen mit Einsatz von 3D-Integration von Dies, Fan-Out on Substrate, Silicon-Interposer und Embedded-Silicon-Bridge erlauben es, mit dem steigenden Bedarf an Systemfunktionalität Schritt zu halten. Deutliche technologische Änderungen in der Branche sollten vor allem durch die Anwendung der Chiplet-Herangehensweise an das Design zukünftiger Systeme kommen. Auch die Organisation des Fertigungsprozesses könne sich in näherer Zukunft ändern, so Vardaman: die COVID-Pandemie hat die Lieferkettenproblematik deutlich gezeigt und das Just-In-Time Fertigungsparadigma wird von einigen Akteuren infrage gestellt.
Die Abschließende Keynote-Präsentation „Reliability of Active Implantable Devices: can we predict, and prevent, failure?“, gehalten von Anne Vanhoestenberghe von University College London, befasste sich mit den Strategien der Ausfallvermeidung bei Implantaten. Wegen der hohen Komplexität des Feldes beschränkte sich diese auf korrosionsbedingte Ausfälle und ging ins Detail auf die drei verbreiteten Herangehensweisen an die Aufgabestellung: das Aussortieren von „schwächeren“ Geräten vor der Implantation, das durchgehende Zustandsmonitoring im Betrieb und die Ermittlung der Lebenserwartung des Implantats.
Julia Hütsch von Schott AG stellte in ihrem eingeladenen Vortrag das Material Glas als eine der wichtigsten Alternativen für die Herstellung von Gehäusekomponenten für anspruchsvolle Umgebungen vor. Im Gegensatz zu polymeren Werkstoffen wirkt Glas als eine zuverlässige Feuchtigkeitsbarriere und zeigt kein Altern während der Produktlebensdauer. Wegen seiner hohen Stabilität gegenüber Chemikalien und Körperflüssigkeiten sowie der Hochtemperaturstabilität findet Glas unter Anderem in der Medizintechnik eine weite Anwendung. Außer der für Schott traditionellen Glas-Metall Durchführungen wurden im Vortrag auch die Neuentwicklungen wie die hermetischen Ganzglas-Gehäuse für Implantate vorgestellt.
Die abschließende Session am ersten Konferenztag wurde im Plenum durchgeführt und dem fünfzigsten Geburtstag von IMAPS Nordic gewidmet. Der ehemalige Präsident vom Nordic Chapter Paul Collander hat die bewegende Geschichte von „International Society for Hybrid Microelectronics“ ISHM, die erst 1998 in IMAPS umbenannt wurde, Revue passieren lassen. Er selber hat diese Entwicklung während 47 Jahren seiner beruflichen Laufbahn begleitet.
Feierliche Spezialsession zum fünfzigsten Jubiläum von IMAPS Nordic abgehalten von ihrem ehemaligen Präsident Paul Collander.
Seit ihrer Gründung 1967 in den USA sind die Abteilungen der ISHM auf allen Kontinenten entstanden. Als Gründungsdatum ihres Chapters feiern die nordischen Kollegen den 5. Mai 1971, als sechs Herren aus Schweden, Finnland und Norwegen unter der Federführung von Hans Danielsson, dem ersten Chapter-Präsidenten, das Gründungsprotokoll unterzeichnet haben. Aus einer zuerst stark auf Schweden fokussierten Organisation hat sich eine weltweit aktive, wenn auch zahlenmäßig kleine, Vereinigung von Experten aus allen nordischen Ländern mit Ausnahme von Island gebildet.
Ähnlich wie das Deutsche Chapter veranstalten die nordischen Kollegen eine jährlich stattfindende Konferenz, die seit 2017 „Nordpack“ genannt wird. Dadurch dass die offizielle Sprache von IMAPS Nordic wegen starker Internationalität das Englische ist, und durch die Kooperation mit IEEE EPS Nordic erfreut sich Nordpack über einen starken internationalen Zuspruch unter anderem mit zahlreichen Teilnehmern aus Deutschland.
Zwei Vorträge wurden mit dem „Best Paper Award“ aufgrund der gehaltenen Präsentation, des technischen Inhalts und der Qualität der schriftlichen Veröffentlichung ausgezeichnet. Die Jury entschied sich für den Vortrag von Elisabeth Kolbinger (Fraunhofer IZM / TU Berlin) „Characterization of the corrosion behavior of Al-X bond wire“ und den Vortrag von Erick Franieck (Robert Bosch GmbH / TU Berlin) „Inline cure monitoring of epoxy resin by dielectric analysis“. Die Autoren wurden mit der freien Teilnahme an der nächsten EMPC Konferenz prämiert, die von 11. bis 14. September 2023 in Cambridge, UK stattfinden wird. An dieser Stelle wollen wir beiden herzlich zu ihrer ausgezeichneten Leistung gratulieren!